Seit beinahe einem halben Jahr ist unser Feuerwehrmitglied LM Andreas Öttl als (Berufs-)Feuerwehrmann in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Einsatz.
Er hat uns vor Kurzem einen ausführlichen Bericht zukommen lassen, den wir hiermit veröffentlichen wollen:
Als Feuerwehrmann in den Vereinigten Arabischen Emiraten
Am 10.06.2012 stieg ich am Flughafen München in einen A-380 der Emirates Airline, mit dem Zielflughafen Dubai. Dem One-Way-Ticket in ein unbekanntes Land - zu dem Abenteuer meines Lebens - ging eine 4 monatige Bewerbungsphase voraus in welcher ich neben dem Übermitteln meiner Unterlagen ein Skype-Bewerbungsgespräche führen musste.
Danach ging es relativ schnell und ich saß mit 30kg und Erinnerungen an zu Hause im Flieger - allein aber voller Erwartungen auf dieses Abenteuer.
Von meinen zukünftigen deutschen Feuerwehrkollegen wurde ich herzlich in Dubai empfangen und abgeholt. Gemeinsam machten wir uns auf dem Weg in meine neue Heimat, das Emirat Ras Al Khaimah. Im Gegensatz zu Dubai und Abu Dhabi ist dieses Emirat eher landwirtschaftlich geprägt - mehr dazu jedoch später.
Die ersten Tage bestanden Großteils darin, alle bürokratischen Angelegenheiten hier in den VAE zu erledigen. Da ich eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung über eine Vertragsdauer von 2 Jahren bekomme, musste ich als erstes den Gesundheitscheck bestehen. Getestet wird ob man körperlich, geistig und gesundheitlich fit ist, um in diesem Land zu leben und zu Arbeiten.
Danach bekam ich eine neue Telefonnummer welche in den VAE eine wichtige Rolle im alltäglichen Leben spielt. Diese wird benötigt um ein Bankkonto zu eröffnen, einen Führerschein zu bekommen und um generell identifiziert zu werden. Den Vorteil dieses Systems genießt man sehr schnell: sobald auf dem Bankkonto eine Bewegung ist, bekommt man eine SMS, fährt man mit dem Auto in ein Radar bekommt man eine SMS.
Seitens der "Emirates Fire and Rescure Company" wird mir hier eine Wohnung (ca. 60 m²) zu Verfügung gestellt und natürlich bekomme ich ein Flugticket gestellt, um im Urlaub nach Hause zu fliegen. Dieser wird nach 6 Monaten vom 21.12 bis 11.01 sein und ich freue mich schon auf die Heimat und meine Familie, Freunde und Feuerwehrkollegen.
Mein Leben hier in Ras Al Khaimah besteht aus 24h Dienst auf der Feuerwache gefolgt von 48h Freizeit. In einem Schichtsystem (3 Schichten) arbeiten derzeit je Schicht 3 europäische Feuerwehrmänner unter der Führung eines deutschen Teamheads und dessen Stellvertreter.
Die Arbeit auf der Feuerwache:
Um 06:45 werden wir vom Schichtbus vor unserem Haus abgeholt und auf die Wache gebracht. Es folgt eine kurze Dienstbesprechung mit der aktiven Schicht bevor diese in den Feierabend (48h) geht und wir die kommenden 24h übernehmen. Jeden Morgen überprüfen wir die Ausrüstung und Fahrzeuge auf Funktionalität, legen unsere persönliche Schutzausrüstung auf das zugeteilte Fahrzeug und besprechen die Schichteinteilung. Als Assistent Supervisor bin ich mit einem weiteren deutschen Kollegen auf dem "First Fire Truck" (vergleichbar mit einem Tanklöschfahrzeug aus Österreich) eingeteilt und abwechselnd kümmert sich einer um den Angriffstrupp, der andere um den Wassertrupp. Unser deutscher Supervisor hat die Aufgabe des Zugführers und fährt mit den arabischen Supervisor im Kommandofahrzeug mit.
Das europäische Personal hat die Aufgabe das arabische Personal (Locals) auszubilden und im Einsatzfall beratend zu unterstützen. Der Supervisor berät den arabischen Einsatzleiter bei den einzuleitenden Maßnahmen, die 2 Assistent Supervisor (ich und ein weiterer Kollege) sind je nach Aufgabe entweder im Innenangriff unter Atemschutz (Angriffstrupp) beratend und begleitend für den arabischen Feuerwehrkollegen da um Ihm zu helfen oder unterstützen beim Aufbau einer Löschleitung.
Im Einsatzfall ertönt auf der Feuerwache die Alarmglocke, gefolgt von einem arabischen Einsatztext welcher für uns teilweise schon verständlich ist. Zumindest sind wir in der Lage Schlüsselwörter wie Feuer, Unfall, ... zu erkennen. Danach geht es relativ schnell und innerhalb von 30 Sekunden verlassen wir im gesamten Zug (First Fire Truck, Kommandofahrzeug und eine Rettung) die Fahrzeughalle. Während der Fahrt können wir mit unseren arabischen Feuerwehrkollegen (meistens springen noch 2 auf den Fire Truck auf) kurz besprechen um was es geht, unser Supervisor aus dem Kommandofahrzeug übermittelt uns per Funk eine aktuelle Sachlage.
In jeder 24 Stunden Schicht werden durchschnittlich 3 Einsätze gefahren, wobei es sich Großteils um technische Hilfeleistungseinsätze (Verkehrsunfälle) handelt.
Da es im Sommer Temperaturen um die 50 Grad hat, jetzt im Winter sinken diese auf 25-30 Grad ist es einsatztechnisch natürlich nicht mit dem in Österreich vergleichbar. Man hat hier aufgrund der hohen Temperaturen vor allem um die Mittagszeit körperlich eine große Herausforderung. Mit voller Einsatzbekleidung und angelegtem Atemschutz schwitzt man nicht nur dementsprechend, sondern kämpft man auch mit kreislauftechnischen Problemen - umso erfrischender ist es zurück im Fahrzeug zu sein und die Klimaanlage zu genießen.
Bei größeren Ereignissen (Fotos Sharjah) funktioniert die Verpflegung mit Getränken und zuckerhaltigen Süßigkeiten problemlos um den Kreislauf in Schwung zu halten. Ebenso ist es nicht selten, dass sich Feuerwehrmänner hier im Einsatz ausruhen oder gar zusammenklappen und mit der Rettung abtransportiert werden müssen, da die körperliche Belastung enorm ist.
Während der 24h Schicht bilden wir einmal Vormittags und einmal Abends die arabischen Feuerwehrkollegen in den verschiedensten Themen aus. Da wir hier für den Atemschutz zuständig sind (Reinigung, Wartung) haben wir zusätzlich jede Menge zu tun.
48h Freizeit und das Leben in Ras Al Khaimah:
Das Emirat Ras Al Khaimah ist ca. 1h Autofahrt von Dubai entfernt und ist das nördlichste Emirat welches vor allem landwirtschaftlich geprägt ist. Im Gegensatz zu den bekannten Großstädten (Abu Dhabi und Dubai) gibt es hier wenige Hochhäuser und das Leben hier ist sehr entspannt und gemütlich - fast so wie in Kematen.
Große Hotelketten (Hilton und Rotana) bieten für Urlauber eine herrliche Oase der Entspannung fernab vom Großstadtstress. Wir nutzen diese Anlagen ebenfalls für Abendessen, Badetage am Pool oder Massagen.
Es gibt hier 3 große Einkaufzentren mit Kino, Eislauffläche und Food Courts wo nach Herzenslust gespeist werden kann. MC Donalds, KFC, Burger King aber auch italienisch, chinesisch, japanisch, thai - man findet hier für jeden etwas. Ein Geheimtipp - diese lernt man leider selten während eines Urlaubs kennen - sind die einheimischen arabischen Lokale wo man zu sehr guten Preisen essen kann.
Ebenso ist das Leben hier günstiger als vergleichsweise in Österreich. Mal abgesehen davon, dass der Liter Benzin 40 Cent kostet sind auch die allgemeinen Lebenserhaltungskosten sehr moderat.
Es werden Freundschaften mit den arabischen Kollegen geschlossen und gemeinsam etwas unternommen. Heute (09.11.2012) wurde ich z.B. von unseren Kraftfahrern gefragt ob ich mitkomme und die 48h im Oman verbringen möchte - Baden, Schnorcheln und arabisches Leben genießen. Weiters gibt es hier viele Möglichkeiten die Freizeit zu genießen und das Land zu erforschen - viele versteckte Geheimplätze welche in einem Urlaub nie entdeckt und gefunden werden können.
Baden in einer Süßwasseroase (Wadi Wurayah) im Emirat Fujeirah, Entspannen auf einem Teppich mit Blick auf Masafi bei einer Tasse Kaffee, Wüsentripps mit dem Geländewagen oder Tauchen im arabischen Golf. Neben Wüste findet man hier in Ras Al Khaimah ebenfalls Berge - ein wenig Heimat - welche einen atemberaubenden Blick auf das Land bieten.
Trifft man bei der Erkundungstour auf einen Araber wird man herzlich empfangen und auch mal zu einer Tasse Kaffee oder Tee eingeladen. Die Kommunikation funktioniert auf Englisch sehr gut, da die meisten hier zumindest Bruchstücke sprechen können. Im Notfall helfen Hände und Füße.
Persönlich:
Seit 5 Monaten befinde ich mich nun auf meinem Abenteuertrip in den Vereinigten Arabischen Emiraten und ich bereue es absolut nicht, den Schritt gewagt zu haben in den Flieger einzusteigen und One-Way (ohne Rückflugticket) hier her zu fliegen. Neben der Erfahrung welche ich hier bereits als Feuerwehrmann sammeln konnte (im Einsatz aber auch bei Ausbildungen) und ich auch mit nach Hause nehme, konnte ich die Zeit bis jetzt nutzen, um mich persönlich weiter zu entwickeln. Neben einem Tauchkurs (Open Water) welcher es mir erlaubt bis zu einer Wassertiefe von 18m zu tauchen, werde ich in den kommenden Monaten den Rettungstaucher in Angriff nehmen und mich auf diesem Gebiet weiter bilden. Ebenso konnte ich das arabische Leben und das Land hier von vorne bis hinten erforschen und entdecken und mich an Abenteuer zurück erinnern welche man so schnell nicht mehr erlebt.
Dennoch freue ich mich auf meine Heimat - meine Familie, Freunde und meine Gemeinde.
Gerne bin ich via Skype (andreasoettl) oder via Email AndreasOettl@gmx.at für Fragen erreichbar - Fotos und genauere Berichte gibt es natürlich wenn ich wieder in der Heimat bin.
Liebe Grüße aus dem 5100km entfernten Emirat Ras Al Khaimah im sonnigen Süden,
euer Andreas
Erstellt am 20.11.2012
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